Mike Doughty gab im
rappelvollen Prinz Willy
einen kraftvollen Gig
Von Thomas Bunjes
Kiel – Englisch wolle er an diesem
Abend nicht sprechen, es
sei so hässlich. „Ick sprecke
nur slekstes Deutsch und New
Yorkish“, kündigt Mike
Doughty an und grinst ins
knackvolle Prinz Willy, während
immer noch Leute reinkommen
und jetzt mit Sitzplätzen
auf dem Fußboden
Vorlieb nehmen müssen.
Egal, auf jeden Fall eine gute
Entscheidung, dieser Konzertbesuch,
ob nun begünstigt
durch Doughtys Vorleben als
Sänger der famosen Soul
Coughing in den 90ern oder in
Kenntnis seiner späteren Solo-
Alben. Sad Man Happy Man
heißt ambivalent das jüngste,
ein Doppelalbum von 2009.
Momentan wirkt der Singer/
Songwriter da vorn auf der
Bühne eindeutig eher glücklich,
locker, vital und hellwach.
Eines aber ist dieser Mike
Doughty vor allem: ein Energiebündel.
Zupackend und
herzhaft klingt nicht nur sein
oft perkussives, metallisches
Gitarrenspiel. Seine muskulöse
Stimme sägt und schneidet
lustvoll an den Wörtern herum.
Dehnt die Silben, wölbt die
Vokale wie schon zu seligen
Soul-Coughing-Zeiten, nicht
mehr ganz so exaltiert, aber
immer noch unverkennbar.
Gern hängt Doughty ein leises,
kurzes Hecheln hinten an die
Zeilen, was diesen Eindruck
des Rauspressens noch verstärkt.
Pleasure On Credit mit
strömendem Sprechgesang in
den Strophenparts ist ein gutes
Beispiel für den Gesangsstil
des Mannes aus Brooklyn,
die erdig rockenden
Looking und (You Should
Be) Doubly (Gratified)
oder das saftige Soul-
Coughing-Stück St. Louise
Is Listening, auch in der
Akustik-Version knackig.
Doughtys sanftere Seite
kommt seltener zur Geltung,
aber auch diese verfehlt
nicht ihre Wirkung.
Janine ist eine feine USRock-
Ballade, wie sie
ebenso Bruce Springsteen
oder John Hiatt aus der
Feder hätte fließen können.
Schlicht, aber edel,
mit einer extraschönen
Textzeile: „Janine, I-I
drink you up, if you were
the Baltic Sea and I were a
cup.“
Muss noch erwähnt werden,
dass es im Prinz Willy
– trotz drangvoller Enge –
einmal mehr entspannt
und freundlich zuging? Wo
ein Hund schnüffelnd durch
die Reihen stromern kann,
schließlich sogar die Bühne
untersucht, den freundlichverdutzten,
aber ungerührt
weitersingenden Mike
Doughty auf dem Boden
schnuppernd umkreist, um
dann wieder hinten im Zuschauerpulk
unterzutauchen.
Hat der Singer/Songwriter
aus dem Big Apple vielleicht
auch noch nicht erlebt.